Mittwoch, 5. November 2014
Neulich in Waterloo
Schnellen Schrittes läuft sie die dunkle Straße entlang. Den Kopf gesenkt, die Schultern hochgezogen, sich leicht gegen den schneidenden Wind lehnend. Die Gedanken weit weg bei dem vergangenen Abend, verklingendes Lachen in den Ohren.
Der Boden ist noch nass vom Regen, bedeckt mit welken Blättern. Zwei Lichter nähern sich, wirbeln sie auf und verschwinden wieder in der Ferne. Langsam findet das Laub seinen Weg zurück auf den feuchten Asphalt, nur um gleich wieder von einer Böe zu einem anderen Ort getragen zu werden.
Den wollenden Schal enger um den Hals legend, um ihn vor der kalten Luft zu schützen, wirft sie einen Blick auf das Leuchtschild, welches sich klar in der Dunkelheit abzeichnet. Der weiße Schriftzug ist ihr Ziel.
Noch einmal beschleunigt sie ihren Schritt, die frische Luft tief in ihre Lunge saugend. Die Backen sind eiskalt, doch innerlich fangen sie an zu glühen.
Eine Tür öffnet sich, ihr schlägt die warme Luft entgegen und glücklich steigt sie die Treppe zu ihrem hell erleuchteten Zimmer hinauf, in dem schon jemand auf sie wartet.



Sonntag, 2. November 2014
Halloween
Halloween in Kanada ist sehr wichtig für die Leute. Jeder verkleidet sich, nicht umbedingt gruselig, aber immerhin. Und wenn man schon in der Uni mit Kostüm rumläuft, ist das auch ok. Also hier ein paar Impressionen:














Ice hockey, was ist das denn?
Hier in Kanada sind natürlich alle verrückt nach Eishockey, gerade jetzt wo es mitten in der Saison ist. Jedes Kind lernt Schlittschuhlaufen und letzten als wir shoppen waren, trafen wir einen Jungen mit seinem Vater, der gerade stolz die neuen Eishockeyschuhe in den Händen hielt. Aber halt, wer Eishockey sagt, der ist nicht von hier. In Kanada gibt es kein Straßenhockey, was wir mit Inlinern spielen oder so. Hier wird einfach nur Hockey gesagt und um sich nicht als Ausländer zu outen passt man sich an.

Briefkasten mal anders
Um uns also so richtig kanadisch zu fühlen mussten wir natürlich auch auf ein Hockeyspiel gehen. Lokal in Kitchener haben die Kitchener Rangers gespielt. Die waren auch gar nicht schlecht und haben schlussendlich 3:1 gewonnen. Obwohl es nur ein kleines Stadion war, waren viele Leute da und riefen Parolen, wie "Let's go rangers". Nicht sehr einfallsreich, aber effektiv. Und wir haben auch mal eine Reihe Kanadier gesehen, die nicht in der ersten Generation in Kanada sind. Der Hauptteil an unserer Uni sieht nämlich nicht wirklich kanadisch aus, was an dem hohen Migrationsanteil liegt. Viele sind woanders geboren oder einfach erst zum studieren hierher gekommen. Aber der breite Kern, der sich ein Hockeyspiel anguckt ist eben doch noch ganz original.

Hockeyspiel
Leider konnten wir keine Schlägerei beobachten. Zwar war das Spiel nicht ganz harmlos, eine Reihe Schläger wurden zerbrochen und immer wieder wurde jemand gegen die Bande gefahren. Doch sobald es etwas ernster zu werden drohte, gingen die Schiedsrichter dazwischen. Das gibt es wohl in den höheren Leagen nicht, wo erst dazwischen gegangen wird, wenn einer am Boden liegt.

Hockeyspiel
Unglaublich sind aber auch die Reaktionszeiten der Spieler. So ein Puck kann unglaublich schnell werden. Dazu ist er noch so klein und somit teilweise schwer zu verfolgen. So ist es ziemlich hilfreich, dass man sich ein Tor nochmal in Zeitlupe angucken kann und um eines zu validieren gibt es ein elektronisches System, welches trackt, ob der Puck über die Linie gegangen ist. Wir beim Fußball haben das ja auch schon diskutiert, aber da wird der Ball bei weitem nicht so schnell und man kann wohl noch mit bloßem Auge ein gutes Urteil fällen.



Badlands - nothing grows here
So ungefähr vor zwei Wochen, also eine Woche nach Thanksgiving haben wir einen Ausflug in die Badlands gemacht. Organisiert wurde das von einem Pärchen vom Outer's club, bei dem ich Mitglied bin. Anfangs waren wohl über 30 Leute angemeldet, zum eigentlichen Treffpunkt sind dann aber nur ca. 8 erschienen.

Marie (Dänemark) und Ich
Dabei waren echte Kanadier aber auch internationale Studenten. Generell lebt der Outer's Club relativ stark von Studenten aus anderen Ländern, die Kanadas Natur kennen lernen wollen.So sind wir also um acht Uhr morgens aufgebrochen und drei kleine Wanderungen auf dem Bruce Trail gemacht. Unter anderem in die Badlands. Das ist eine Landschaftsform, die aus mit viel Metall angereicherter Erde besteht. Die rote Farbe kommt wohl von dem Kupfer, und die grünen Streifen sind die Folge von Oxidation. Früher war das ganze wohl mal ein Fluss, der jetzt ausgetrocknet als Touristenattraktion gilt.

Badlands

Badlands again
Weiter ging dann die Wanderung durch einen malerisch gefärbten Wald. Das was man hier den Indian Summer nennt und so berühmt ist. Einfach nur atemberaubend sind die Ausblicke über ein Meer aus rot, gelb und orange. Soweit das Auge reicht nur Bäume. Auch ein bisschen klettern konnten wir hier. Hinab ging es ein paar sehr hohe Stufen in die Teufelsschüssel, wobei an der Felswand daneben sogar noch ein Stahlseil befestigt war. Trotzdem nichts im Vergleich zu so manchen Klettereien in den Alpen ;)

Steilster Teil der Wanderung mit Sicherungsseil
Die Kanadier sind manchmal schon lustig drauf. Ein Mädchen war an dem Tag nicht in Wanderstimmung und kam schon mit einer Kuscheldecke um die Schultern zum Treffen. Nach der ersten kurzen Wanderung, die sie nur im Pulli mitgemacht hat, sind wir dann wieder zu den Autos gegangen. Für die zweite etwas längere Strecke hat sie dann ihre Decke mitgenommen und sich darin eingewickelt um warm zu bleiben. Das ist mal eine sehr wohnzimmerliche Einstellung zu den kalten Badlands.

unsere Ausflugsgruppe

bunte Bäume Kanadas
Auf unserem Weg sind wir an mehreren riesigen Häusern Häusern mit noch größeren Gärten und Koppeln für Pferde vorbeigekommen. Wer sich in dieser Einsamkeit ein Haus kauft hat wohl noch genügend übrig um das dementsprechend auszustaffieren. Denn die Architektur war meistens eine ausgefallene Mischung aus ländlichem Holz und modernen großen Fenstern.
Die Pferde mussten natürlich gleich gefüttert werden. Was gar nicht so einfach war, denn einer aus unserer Gruppe ließ den Apfel mehrfach fallen aus Angst das Pferd könnte ihn beißen. Die Nähe zu den Tieren ist eben nicht überall gegeben und ich bin wohl durch meinen Heimatort mit vielen Kühen und Pferden, Hunden und Katzen sehr daran gewöhnt.

Mädchen mit Decke, Junge mit Angst, ein Apfel und ein Pferd
Auf unserem Weg mussten wir auch eine Straße überqueren. Dabei konnten wir viele sehr teure, teils protzige, teils schnelle Autos bestaunen. Denn diese Strecke ist als Herbstblätter-Anguck-Straße ausgeschildert. Und jeder der nicht laufen will oder kann, kann entweder mit dem Auto durch den Wald fahren, oder es sich in einer Eisenbahn gemütlich machen, die langsam durch das Gebiet fährt.

Eisenbahnbrücke im Wald
Und zum Abschluss nochmal ein bisschen bunte Blätter, von denen wir auf dieser Wanderung reichlich gesehen haben.



Mittwoch, 22. Oktober 2014
Thanksgiving
Wie man einen Truthahn auftaut:
Dabei gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen kann man den gefrorenen Hahn drei bis vier Tage vor der Zubereitung in den Kühlschrank legen und ihn so langsam auftauen lassen. Oder aber man entscheidet sich für die schnellere, aber aufwändigere Methode und legt den Vogel in einen großen Topf voll Wasser. Dieses muss jede halbe Stunde ausgetauscht werden und man rechnet eine Stunde pro Kilo Fleisch. Entweder wir haben uns verrechnet, oder diese Angabe ist nicht ganz korrekt. Denn als wir in den Truthahn hineinfassten war er innen noch gefroren. Deshalb hat es ein bisschen gedauert, bis wir bemerkten, dass innen drin noch der Hals des Tieres war, den wir zuerst für einfach noch gefrorenes Fleisch gehalten haben. Auch die Tüte mit den Innereien haben wir irgendwie nicht gefunden und so wurde sie mitgebacken und beim Aufschneiden dann gefunden.

Wie man einen Truthahn zubereitet:
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Prep Time: 15 Minutes
Cook Time: 3 Hours 30 Minutes
Ready In: 4 Hours 15 Minutes
Servings: 16

INGREDIENTS
1 (12 pound) whole turkey
3/4 cup olive oil
2 tablespoons garlic powder
2 teaspoons dried basil
1 teaspoon ground sage
1 teaspoon salt
1/2 teaspoon black pepper
2 cups water

DIRECTIONS
1. Preheat oven to 325 degrees F (165 degrees C). Clean turkey (discard giblets and
organs), and place in a roasting pan with a lid.
2. In a small bowl, combine olive oil, garlic powder, dried basil, ground sage, salt, and
black pepper. Using a basting brush, apply the mixture to the outside of the
uncooked turkey. Pour water into the bottom of the roasting pan, and cover.
3. Bake for 3 to 3 1/2 hours, or until the internal temperature of the thickest part of the
thigh measures 180 degrees F (82 degrees C). Remove bird from oven, and allow to
stand for about 30 minutes before carving.
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Dem aufmerksamen Leser ist sicher aufgefallen, dass als Zubereitungszeit 15 Minuten angegeben waren. Das trifft zwar auf dieses Rezept durchaus zu, aber nicht auf unsere Kochkünste. Vor allem wenn man sich nicht so ganz sicher ist, wie den durchaus nicht leichten Vogel waschen soll. So trugen wir ihn wohl mehrmals zwischen Tisch und Spülbecken hin und her.

Waschen eines Truthahns

Wie man einen Truthahn füllt:

Das eigentliche Füllen ist dann auch wieder gar nicht so einfach, denn wir hatten ein bisschen zu viel und so mussten wir, wie der englische Name "Stuffing" impliziert, ein bisschen stopfen.

Füllung für den Hahn

Die Kochgruppe (alle anderen kamen später) Marie, Richard und Desi

Fertig um in den Ofen zu wandern

Fertig um gegessen zu werden
Zusätzlich zu dem Truthahn gab es dann noch Süßkartoffelmuß, dass die zwei Finnen gemacht haben, Mexikan Salad von Richard, Maiskolben und Apfelzimtkuchen von Marie gemacht.

Essen auf dem Teller
Von diesem Teller habe ich wohl zwei verdrückt und alle anderen genauso viel. Insgesamt haben wir fast alles von dem Braten aufgegessen und nur noch ein bisschen Muß übrig gehabt. Dafür haben wir aber auch um 4 Uhr angefangen zu kochen und um halb 10 dann den ersten Bissen genommen.
Die lange Wartezeit zwischendrin haben wir in geselliger Runde mit englischen Wortratespielen verbracht.

Die Essensgesellschaft

Alles in allem ein super schöner Tag! Und ich kann die Aussage einer Kanadierin bestätigen. Stuffing is the best of the whole dinner.



Oktoberfest - die erste, zweite und dritte
Funfact des Tages: Kitchener hieß früher mal Berlin und hat eine sehr aktive deutsche Community. Deshalb gibt es hier auch ein Oktoberfest, was wie der Name schon sagt auch im Oktober stattfindet. Also nach dem Original. Das Oktoberfest in Kitchener ist das zweit größte der Welt, kann aber dennoch nicht im geringsten damit verglichen werden.

von Desi geflochtener Zopf
Hier sind die verschieden Zelte/Häuser über den ganzen Ort verteilt und man kauft sich für einen bestimmten Abend in einem bestimmten Zelt ein Ticket. Für Freitag den 11. Oktober hatten wir Karten für das Schwabenhaus. Leider war es eines der kleineren Zelte, sodass nur wenig los war. Zudem gab es nur gebrannte Erdnüsse statt Mandeln, kanadisches Bier und keine Bierbänke sondern Stühle.

Auf dem Weg zum Oktoberfest
Trotzdem haben wir uns ganz gut amüsiert. Und so kamen die deutschen Jungs in unserer Runde auf die Idee auf die Bühne zu gehen und das Donaulied zu singen. Was sie dann auch gleich taten. Unsere Gruppe fand es herrlich, bei den übrigen Gästen, die das Lied wohl nicht kannten und kein Deutsch verstehen, wohl eher nicht so. Und so verließen wir nach einiger Zeit und einigen Bier das Zelt um in eine Bar in Uptown weiterzuziehen.

Ein bisschen Deutsch können sie doch!
Dort durften wir dann Bekanntschaft mit den Türstehern sowie der Polizei machen. Und das kam so: David, ein Bekannter eines Exchangestudenten aus Deutschland, der ein Praktikum in Detroit macht und zu Besuch war, zog aus lauter guter Laune den Feueralarm. Daraufhin sahen wir nur noch eine Menge schwarz gekleideter Security-Leute Richtung Eingang laufen und jeden der zugab mit ihm befreundet zu sein vor die Tür verwies. Nach einiger Zeit und vielen Androhungen von 1000 Dollar Strafe, kam dann die Polizei, der eine Geschichte von einem Kaugummiautomaten erzählt wurde. Und das in Deutschland ja immer Glasscheiben vor den Hebeln sind, die man erst einschlagen muss und hier nicht vorhanden waren.

Donauliedauftritt auf dem Oktoberfest
So wurde aus den tausend Dollar nach einiger Zeit 50 wegen Betrunkenheit in der Öffentlichkeit. Irgendwann beschlossen wir mit dem Taxi nach Hause zu fahren und das weitere Geschehen nicht mehr mit zu verfolgen, um am nächsten Morgen zu erfahren, dass er ganz ohne Strafe davon gekommen war. Wieder mal ein Beispiel für die Freundlichkeit der kanadischen Polizei.

Am Mittwoch den 15. Oktober ließen wir dann den Squashunterricht sausen um mit Taylor, den wir vom Squash kennen, und anderen in den Concordiaclub zu gehen, welcher auch ein Oktoberfestzelt ist. Dieser wurde von anderen Studenten als das beste Zelt bezeichnet und war auch um einiges besser als das Schwabenhaus. Es war viel größer, die Leute waren Jünger und es wurde bessere Musik gespielt. Während im ersten Zelt überwiegend Volksmusik kam, spielten sie hier einen Mix aus Volksmusik und Charthits. Außerdem wurden verschiedene Spiele, wie Dosenwerfen und Hau-den-Lukas, sowie richtige gebrannte Mandeln und Brezen angeboten. Ihr glaubt gar nicht wie gut eine Breze nach ein paar Monaten Verzicht schmecken kann.


Heidelberghaus
Und last but not least gingen wir den Samstag drauf noch ins Heidelberghaus. Dort erinnerte nur noch wenig an Oktoberfest. Die Abende vorher liefen noch viele Menschen in mehr oder minder authentischen Trachten rum und zierten sich mit Filzhüten an denen viel zu lange, viel zu bunte Federn befestigt waren. Im Heidelberghaus ließ dieser Trend aber nach und die Bands spielten mehr Rock und Charts als deutsche Musik. Was aber gar nicht so schlecht war. Denn ich musste beschämt feststellen, dass ich keine deutschen Tänze kann. Und so lief es auf ein bisschen Schuhplatteln und eingehakt im Kreis tanzen raus. Vielleicht sollte ich mal lernen wie man Polka tanzt, von der einen Stunde bei Antje ist nämlich nicht so viel hängen geblieben. Wir haben also bis ein Uhr durchgetanzt und es hat so viel Spaß gemacht. Alles was Bewegung und Musik vereint ist einfach super toll :)